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Eine Außenansicht der Villa Beermann.

Villa Beermann

Die Ausstellung in der Villa Beermann zeigt die Familien- und Firmengeschichte der Ziegelei Beermann am authentischen Ort. Im ehemaligen Wohnhaus des Firmengründers Gustav Beermann erfahren Besucher, wie die Familie in der kleinen Ortschaft Sylbach lebte und arbeitete, welchen Belastungen die Belegschaft bei ihrer täglichen Arbeit ausgesetzt war und warum die Ziegelei nach siebzig erfolgreichen Jahren ihren Betrieb einstellen musste.

Von 1909 bis 1979 produzierte die Ziegelei Beermann Ziegel für die Region. Seit 2001 vermittelt das Museum Ziegelei Lage, wie die lippischen Ziegler gelebt und gearbeitet haben. Neben der historischen Fabrikstätte ist aus dieser Zeit die Villa Beermann erhalten, die Aufschluss über das Leben der Familie Beermann gibt. Die ehemalige Firmenvilla wurde 1922 an der Stelle eines Pferdestalls errichtet. In der Villa wohnten zunächst der Ziegeleibesitzer Gustav Beermann mit seiner Ehefrau Emilie und den fünf Kindern. Später zogen auch die beiden Söhne und Nachfolger Gustav Beermanns, Friedel und Erich mit ihren Familien in das Haus ein. Anfang der 1950er Jahre zog die Familie von Friedel Beermann in die in der ehemaligen Tongrube neu errichteten Wohnhäuser um. Zuletzt lebte nur noch der Enkel des Firmengründers Lothar Beermann in dem Gebäude.

Nach dem Tod des Enkels des Firmengründers Gustav Beermann im Jahr 2003 erwarb der Landschaftsverband Westfalen-Lippe das Gebäude von den Erben. Das baulich sanierungsbedürftige Gebäude konnte dann in den folgenden Jahren für die museale Nutzung aus- und umgebaut werden. Im Vordergrund standen dabei der Erhalt möglichst vieler Spuren des Lebens in der ehemaligen Firmenvilla und die Schaffung von Ausstellungsräumen, die im Erdgeschoß für die neue Dauerausstellung und im Obergeschoss für Wechselausstellungen nutzbar sind.

Die Belegschaft der Ziegelei

Wie in allen Ziegeleien war auch die Arbeit in der Ziegelei Beermann eine Saisonbeschäftigung. Im Februar/März begannen einige wenige Beschäftigte mit der Arbeit in der Tongrube. Erst Ende März wurden tatsächlich Ziegel gestrichen. Die Beschäftigung erreichte im Spätsommer ihren Höhepunkt. Ab Oktober/November arbeiteten nur noch wenige Männer in der Ziegelei. Sie setzten die getrockneten Steine im Ofen ein, arbeiteten als Brenner auf dem Ringofen oder holten die fertigen Steine aus dem Ringofen. Ab Ende November wurden alle Maschinen gereinigt, repariert und überholt.

Die Zahl der Beschäftigten war im Laufe der Firmengeschichte starken Schwankungen unterworfen. Die größten Einschnitte bedeuteten die Betriebseinstellungen während der beiden Weltkriege. Deutliche Kürzungen ergaben sich durch die Umstellung auf den Maschinenbetrieb 1922 und durch die Anschaffung des Eimerkettenbaggers, der die Arbeit in der Tongrube mechanisierte.

In der Ausstellung können die Besuchenden erstmals zwei Belegschaftsbilder aus den Jahren 1912 und circa 1914 sehen, die dem Museum erst im letzten Jahr von Nachkommen des ehemaligen Buchhalters der Ziegelei geschenkt wurden. Ehemalige Belegschaftsmitglieder berichten an zwei Hörstationen in der Ausstellung über das Leben und Arbeiten in der Ziegelei Beermann.

Die Familie Beermann

Gustav Beermann und Emilie Ruthe heirateten im Jahr 1915 – der Beginn einer Großfamilie mit fünf Kindern und drei Enkelkindern: Auf die erstgeborene Tochter Klara folgten die Zwillinge Gustav und Else, dann Sohn Erich und schließlich Nesthäkchen Friedel. Die drei Söhne sollten gemeinsam den Familienbetrieb übernehmen. Da Gustav junior im 2. Weltkrieg gefallen war, traten aber nur Erich und Friedel in die Fußstapfen des Vaters.

Die Villa Beermann blieb auch Zentrum des Familienclans, als die Kinder schon wieder eigene Familien gegründet hatten. Während Gustav und Emilie im Untergeschoss der Firmenvilla wohnten, lebte Erich zusammen mit seiner Frau Hildegard und Sohn Lothar im Obergeschoss. Friedel wohnte mit seiner Frau Waltraud unweit des Elternhauses am Lambrachtweg, wie auch die Töchter Klara, die den Haushalt der Eltern führte, und Else, die Wirtin des Jägerkrugs war.

Sylbach: Ein Ort, den es gar nicht gibt…

Mit Anbindung an das Netz der Köln-Mindener Eisenbahn Ende des 19. Jahrhunderts siedelten sich in Holzhausen in der Umgebung der Bahnstation neue Anwohner und neue Gewerbe an – darunter auch die Ziegelei Beermann 1909. Benannt wurde die Bahnstation nach dem nahegelegenen Rittergut Sylbach. Eine Bezeichnung, die sich schnell für das auf den Grenzen der Bad Salzufler Gemeinde Holzhausen und der Lagenser Gemeinde Waddenhausen liegende Gebiet einbürgern sollte. 1903 wurde Sylbach zur postalischen Ortsbezeichnung und Vereine nahmen den Namen in ihren Titel auf. Mit der kommunalen Neugliederung vom 1. Januar 1970 wurde der zu Bad Salzuflen gehörende Teil von Sylbach schließlich zu einem offiziellen Ortsteil von Holzhausen. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Sylbach zu einem lebendigen Ortsteil mit Gastwirtschaften, Geschäften, Vereinen und Festen. Auf einem Spaziergang entlang der heutigen Sylbacher Straße, von der „Schönen Aussicht“ bis zum „Jägerkrug“, wird ein Blick auf das einstige Gesicht des Ortsteils und dessen Verflechtungen mit der Familie Beermann geworfen.

Ziegeleien in der Region

Die Ziegelei Beermann war eine typische Ziegelei. 3-4 Millionen Ziegel produzierten die meisten der häufig familiengeführten Betriebe. Ziegeleien gab es bis vor einigen Jahrzehnten noch in fast jedem Ort. Die schweren Ziegel eigneten sich nicht für lange Transportwege. Von diesen Ziegeleien zeugen heute nur noch alte Straßennamen wie „Ziegelstraße“, „ An der Tonkuhle“ oder „Am Lehmstich“. Nur wenige große Ziegeleien produzieren heute noch Ziegel in der Region. Geblieben sind die landschaftlichen Veränderungen wie Kuhlen, Teiche und Deponien. Die Ziegelproduktion war immer von einem nebeneinander von unterschiedlichen Produktionsmethoden bestimmt. Während sich wenige Handstrichziegeleien bis Mitte des 20. Jahrhunderts halten konnten, existierten bereits 1890 große vollmechanisierte Betriebe. In der Ausstellung sehen die Besuchenden in einer Bildershow viele einmalige und noch nie gezeigte Bilder der Ziegeleien, der Belegschaften und der Arbeitsplätze der letzten 100 Jahre.